Brazilian Gangster – König der Unterwelt ✍

Ab 05.06.14 auf DVD und Blu-ray im Handel erhältlich.

Von früher Jugend an geht Hiroito in die Bordelle von São Paulo. Ihm gefällt der Sex ohne emotionale Bindung und das in einem Alter, wo andere ihre Freizeit noch kindlicher gestalten. Er wächst im Rotlichtmilieu auf und wird hier auch als „Geschäftsmann“ Fuß fassen. Die kriminelle Energie, um in diesem Business zu bestehen, bringt er ohne Mühe auf. Sein Ruf eilt ihm voraus. Mit einem eigenen Etablissement für den liebeshungrigen Mann und als Hauptvertreiber von Marihuana und Kokain, regiert er die Unterwelt des Viertels „Boca do Lixo“, nach dem der Film im Original auch benannt ist. Letztlich wird er der berühmt berüchtigtste Verbrecher der 60er Jahre in Brasilien werden.

Brazilian Gangster hat große Vorbilder. Regisseur Flavio Frederico, der mit 45 Jahren und sechs Arbeiten als Filmemacher nicht als Vielfilmer bezeichnet werden kann, orientiert sich an bekannten Werken im Bereich des Gangster-Biopics. Der Aufstieg und Fall eines exzentrischen Verbrechers, wurde durch „Goodfellas“ oder Brian de Palmas „Scarface“-Remake, bereits meisterhaft inszeniert. Neue Aspekte in so einen Lebenslauf zu integrieren ist sicherlich schwer aber notwendig, damit kein Aufguss zu beklagen ist. Die wahre Geschichte des brasilianischen Mafiosi hängt seinen großen Brüdern in der Erzählweise aber leider hinterher. Er erreicht nicht die Geschwindigkeit von „Goodfellas“ oder die Tiefe von „Der Pate“. Ein Vergleich mit diesen Beiträgen ist womöglich nicht fair, aber auch nicht ausblendbar. Wenn man es nicht übertreffen kann, muss man eben geschickt kopieren. Das findet in Brazilian Gangster jedoch nicht statt.

 

Die technische Umsetzung von Fredericos Streifen hingegen ist einwandfrei und wurde auch auf Film-Festivals im eigenen Land mehrfach ausgezeichnet. Die Ausstattung der Sets im Stil der späten 50er und frühen 60er Jahre, ist sehr gut gelungen. Dass macht aber noch lange keinen guten Film aus. Der Schauspieler Daniel de Oliveira verkörpert Hiroito Joanides de Moraes und gestaltet seine Figur zu oberflächlich. In zu wenigen Momenten nimmt man seine Darstellung ernst, oft wirkt die Mimik zu aufgesetzt und dadurch unglaubwürdig. Das Drehbuch lässt auch die anderen Charaktere blass aussehen und klärt viele, für den Betrachter wissenswerte, Umstände nicht auf. Zum Beispiel wird schnell klar was für ein harter Kerl Hiroito ist, nur warum? Es gibt keine klärende Vorgeschichte, die einem hilft die Person besser zu begreifen, obwohl er im Off am Anfang von seiner Jugend erzählt. Das Script basiert auf den, im Gefängnis selbst verfassten, Memoiren des Unterweltbarons, was die Handlung zu einseitig zu beleuchten scheint. In wie weit außenstehende Quellen einbezogen wurden ist nicht erkenntlich, hätte vermutlich aber zu einer weniger heroischen Sichtweise geführt.

 

Keinesfalls ist das, von Tiberius Film, veröffentlichte Brazilian Gangster ein schlechter Beitrag zum modernen brasilianischen Film, aber es fehlt ihm an Kraft, im internationalen Vergleich zu bestehen. Mehr als solide kann man das Ergebnis nicht nennen.