Foxcatcher ✍

Ab 05.02.2015 im Kino.

Es muss eine tiefe Unzufriedenheit im Menschen herrschen, wenn er etwas Großes erreicht hat, aber es von Niemand gewürdigt wird. Mark Schultz ist Ringer und trägt eine olympische Goldmedaille, die er 1984 bei den Sommerspielen in Los Angeles gemeinsam mit seinem älteren Bruder gewann. Er ist immer noch in Form und trainiert täglich aber in Amerika stoßen die olympischen Spiele und auch der Ring-Sport auf kein großes Interesse. Erfolge sind schnell vergessen. Marks Leben wirkt von außen trostlos. Im Schatten seines Bruders stehend, besucht er Schulen und erzählt dort für ein Honorar von 20 Dollar was es heißt, Ringer und Olympiasieger zu sein. Danach kehrt er in seine Wohnung zurück, deren zentraler Punkt der Schrein mit seinen Auszeichnungen ist, die in dem tristen Raum wie Heiligtümer wirken.

Eine Chance zu mehr Ruhm eröffnet sich ihm als der Multimilliardär John du Pont ihm anbietet auf seinem Anwesen für die Weltmeisterschaft zu trainieren und ihm als Mäzen zur Seite zu stehen. Mark erstellt unter du Ponts Aufsicht ein Team und gewinnt die WM in Frankreich. Nun wollen beide nach größeren streben. Mark will der beste Sportler seines Fachs werden und du Pont möchte das Ringen wieder populär machen – scheinbar. Die Motivation und das eigentliche Ziel des Chemiefabrikanten sind jedoch anderer Natur, welches das Leben von Mark aus den Bahnen werfen wird und ihm zum Spielball seines neuen Meisters werden lässt.

Als Regisseur Bennett Miller sein Spielfilmdebüt Capote vorstellte, fielen die Kritiker auf die Knie. Nach diesem gefeierten Werk erreichte er das Niveau des Vorgängers mit Moneyball – Die Kunst zu gewinnen leider nicht, legt mit Foxcatcher aber ein Werk nach, das dem Debüt das Wasser reichen kann. Seine Sicht auf die Beziehung von Mark und John, die später mit dem Bruder Dave Schultz ergänzt wird, sorgt mehrfach für kalte Schauerschübe. Gleich beim ersten Auftreten von Steve Carell als John, spürt man das Falsche in seinem Charakter. Carell spielt die Rolle seines Lebens in der er kaum erkennbar ist. Sein Spiel ist kühl, seine Art zu sprechen und die Mimik haben etwas Beängstigendes. So Vieles möchte man zu ihm sagen, dies würde aber zu große Momente vorwegnehmen und die wichtigen Szenen im Film bei Ansicht schmälern. Johns Kampf gegen seine herrische Mutter, im Rückblick auf eine entbehrungsreiche Kindheit (mit viel Geld aber ohne Freunde), die seine Neigung zum Sport nicht teilt, ist sein innerer Feind. John wird wiederum schnell zu Marks Feind, sieht er ihn bald als sein Eigentum an, doch die Verbindung zwischen ihnen ist keine die leicht zu lösen ist, denn beide profitieren von einander, auch wenn sie sich schaden. Channing Tatums Darstellung des groben Kerls mit dem schlichten Gemüt ist ein Tick zu Klischeebelastet und wirkt wie die vermeintlich klassische Interpretation eines Kraftprotzes. Aber auch er hat seine starken Sequenzen, wenngleich dies neben Carell sehr schwer ist. Mark Ruffalo als Dave steuert zu dem Trio eine weitere Leistung bei und ist mit seiner ruhigen und sensiblen Art der Vermittler zwischen Mogul und Diener, bis er selbst zur Spielfigur wird. Der Moment in dem er das erkennt, zählt zu einer der intensivsten Szenen und wirkt lange nach.

Foxcatcher bewegt sich in einer ruhigen Erzählung und verzichtet auf laute Elemente. Musik wird nur sporadisch und wenn dann dezent eingesetzt, vermutlich um den Figuren unausgeschmückten Raum zu gewähren. Dieses Sportdrama basiert auf wahren Begebenheiten und lässt einem am Ende des Films darüber nachdenken, wie sehr Menschen seelisch verletzt sein müssen um zu gewissen Entscheidungen zu gelangen. Der Schock ist Miller gelungen und baut ihn im Verlauf langsam auf. Dialoge von unerträglicher Stimmung bereiten dem Betrachter ein Unbehagen, wie es im Kino nur selten zu erleben ist. Wenn E. Max Frye und Dan Futterman auch Fiktionen um den wahren Kern und sein bitteres Ende einbeziehen, so ist es am Ende doch die Realität, die einem zum Schweigen bringt. Das Wort „Intensiv“ trifft auf die Leistungen aller Beteiligten zu. Das Spiel vermag es Emotionen auszulösen, die von Mitleid bis Wut reichen und den Körper innerlich in Bewegung halten. Kurz: Foxcatcher ist ein zerreisendes Ensemble-Stück erster Klasse.