Hercules 2014 ✍

Brett Ratner schafft trotz FSK 12 ein buntes Action-Spektakel

Wer im Schulunterricht ein wenig aufgepasst hat, wird sich noch vage an den Mythos erinnern, der Herakles, Sohn des Zeus, umgab: Hera, die betrogene Ehefrau des Zeus, lässt den jungen Halbgott Herakles in Wahnsinn verfallen und seine Frau und Kinder umbringen. Zur Strafe verdonnern ihn die Götter zu den „Zwölf Arbeiten“, während deren Erfüllung er in verschiedene Kriege und Schlachten verwickelt wird. Mit jeder der zwölf Aufgaben wuchs sein Status als unbesiegbarer Halbgott und Held – er streckte den Nemëischen Löwen nieder, tötete die Hydra und erlegte den Erymanthischen Eber. In Rom wurde er als Herkules verehrt, seine Stärke war und ist unbestritten und unantastbar bis in die Neuzeit hinein. Nicht nur Literatur, Musik und bildende Kunst haben sich des Mythos in verschiedensten Formen bedient, sondern auch in Popkultur und Film ist Herkules immer wieder ein dankbares Thema, das gerne ausgeschlachtet und neu kombiniert wird: Bereits 1961 ließ Mario Bava ihn in VAMPIRE GEGEN HERAKLES gegen Untote antreten, 1969 wurde Arnold Schwarzenegger als Vorhut von Percy Jackson nach New York geschickt und in den 1990ern flimmerte er in über 100 Folgen als Serienheld über heimische Fernsehbildschirme, kurz darauf sogar auch als Disney Zeichentrickheld.

In Zeiten der Comicverfilmungen ist es nun nicht verwunderlich, dass jetzt das Radical-Comic von Steve Moore ebenfalls als CGI-Epos in 3D ins Kino kommt: Ein wenig erwartet man einen Abklatsch von Zack Snyders 300, die Jugendfreigabe lässt langweilige, blutleere Schlachten erwarten. Doch überrascht Regisseur Brett Ratner sein Publikum gleich zweifach: Konnte er in den letzten Jahren mit MOVIE 43 (2013), TOWER HEIST (2011) kaum an die Kassenhits der RUSH HOUR Reihe oder RED DRAGON (2002) anschließen, gelingt ihm hier eine erstaunlich frische Interpretation des doch schon altbekannten Stoffs. Das liegt weniger am Drehbuch – der Plot ist schnell erzählt – sondern vielmehr an der schlauen Besetzung der Rollen und gut gesetzten Pointen. Fehlt es der Story ein wenig an Fleisch (die Logikschnitzer seien verziehen), denn man hat den gefallenen Helden schon zu oft gesehen und an Meilensteine wie GLADIATOR kann und will HERCULES auch nicht heranreichen. Doch werden Hercules und seine Söldnertruppe als kauzige und unterhaltsame Charaktere dargestellt. So fehlt es Hercules kaum an Selbstironie, wenn sein junger Cousin Iolaus sich als der Geschichtsschreiber und Pfleger des heroischen Rufs seines Herrn versteht, sein alter Weggefährte Autolycus (Rufus Sewell) griesgrämig an seiner Seite steht oder der Seher Amphiaraus (Ian McShane) seinen eigenen Tod voraussagt und vergeblich in Opferposition auf das Ende wartet. Dwayne „The Rock“ Johnson verkörpert den Halbgott im Wortsinne angemessen. Der bereits vorher schon mehr als durchtrainierte Wrestler wird der sportlichen Herausforderung mehr als gerecht, hat er sich doch für die Dreharbeiten nochmals einem harten Training unterzogen. Der komödiantisch-alberne Ruf, der Johnson vorauseilt, lässt zunächst an der Castingwahl zweifeln, doch macht er sich in der selbstironischen Reflexion des eigenen Mythos sehr gut und fügt sich nahtlos in Johnsons Interpretation der Rolle ein. Die durchweg hochkarätige Besetzung lässt nichts zu wünschen übrig – Ian McShane, Rufus Sewell, Joseph Fiennes in der kleinen, aber mit famoser Ironie dargestellten Rolle des Königs von Mykene, sowie der Auftritt des großartigen John Hurt, der – man darf es sagen, ohne zu viel zu verraten – einen weiteren, amüsanten Beitrag zu den „many deaths of John Hurt“ hinzufügt (Wer den Zusammenschnitt der vielen Filmtode noch nicht kennt, die John Hurt bisher sterben musste, dem sei diese spaßigen viereinhalb Minuten ans Herz gelegt).

Die anfängliche Befürchtung, die Jugendfreigabe könne ein buntes Action-Spektakel verhindern, erweist sich als unbegründet, denn achtet Ratner zwar minutiös darauf, dass kein Blut spritzt und wirkt auch der 3D-Effekt ähnlich verwaschen wie in den Anfängen der Technik, so ist der gesamte Film doch durchweg exzellent choreographiert und bereitet ein kurzweiliges Action-Filmerlebnis. Besonders die Schlacht gegen die barbarischen Thraker ist bestimmt auch für ein über die FSK-Freigabe hinausgewachsenes Publikum spannend und actionreich inszeniert, weder Blut noch martialische Geräuschkulisse fehlen hier, um mitgerissen zu werden. HERCULES wird sicherlich kein Meilenstein der Filmgeschichte werden, doch ist er ein gewitztes Update des antiken Stoffes und bietet kurzweilige, gut choreographierte Actionunterhaltung.

Wer gerade noch ein paar Minuten Zeit hat, kann sich hier direkt die tausend Tode von John Hurt ansehen:


Hercules, USA 2014 – Regie: Brett Ratner. Drehbuch: Ryan Condal und Evan Spiliotopoulos nach dem Comic von Steve Moore. Kamera: Daniel Landin. Mit: Dwayne Johnson, Ian McShane, John Hurt, Rufus Sewell, Joseph Fiennes. Paramount Pictures, MGM. Verleih: Paramount Pictures, 98 Minuten. Seit 2. Januar auf DVD und BluRay erhältlich.