Linda’s Child ✍

Ab 16.05.14 auf DVD und Blu-Ray im Handel erhältlich.

„Ich heiße Emanuel, ich bin 17 Jahre alt, ich habe meine Mutter getötet. Sie wurde für mich aufgeschlitzt, wie eine Ziege, die geschlachtet wird, damit man mich herausziehen konnte. Während sie verblutete versuchte ein Arzt die Luft in meine Lunge zu pressen. Er drückte seine Hände auf meine Brust mit derselben rhythmischen Bewegung mit der er sich an jenem Morgen einen runtergeholt hatte. Es wirkte. Er kam und ich kam … zurück ins Leben.“

Mit diesen Worten stellt sich Emanuel (Kaya Scodelario aus Wuthering Heights) zu Beginn des Films dem Zuschauer vor und umschreibt kurz und prägnant ihre Situation. Neben der allgemeinen Unzufriedenheit eines Teenagers, gibt sie sich auch die Schuld am Tod der Mutter und so ist ihr Leben geprägt von Zweifel und Selbsthass. Der Umgang mit anderen fällt Emanuel schwer, egal ob es sich dabei um ihren Vater Dennis (Alfred Molina aus Spiderman 2), die Stiefmutter Janice (Frances O`Connor aus A.I. Künstliche Intelligenz) oder den Kollegen Arthur (Jimmy Simpsons aus Abraham Lincoln Vampirjäger) handelt. Ihnen allen begegnet sie mit viel Zynismus und lässt eigentlich niemanden so richtig an sich heran. Anders verhält es sich da schon bei ihrer neuen Bekanntschaft Claude (Aneurin Barnard aus Citadel), für den sie mehr als nur Sympathie empfindet und vor allem bei ihrer kürzlich zugezogenen Nachbarin Linda. Diese ist eine alleinerziehende junge Mutter und sucht einen Babysitter für ihr Kleines. Emanuel bietet sich direkt zur Verwunderung ihrer Eltern an und bekommt den Job. Bei der Einarbeitung muss sie allerdings schnell feststellen, dass etwas mit ihrer neugewonnen Freundin nicht stimmt.

Der Zuschauer ist da schon etwas weiter, schließlich weiß man bereits mit dem vom Verleih wenig glücklich gewählten „deutschen“ Titel Linda`s Child wo genau das Problem der von Jessica Biel (Tall Man) gefühlvoll verkörperten Nachbarin liegt. Hier jetzt weiter auf die Geschichte einzugehen, würde ihr zu viel nehmen, wobei angemerkt sein muss, dass der Originaltitel The Truth about Emanuel, nicht nur weniger verräterisch ist, sondern auch wesentlich passender. Denn auch wenn Linda und die Situation mit ihrem Kind das erzeugende Moment der Spannung für den Film ist, so steht doch unmissverständlich Emanuel in deren Mittelpunkt. Ihre Gefühlswelt ist es um die sich ihre Geschichte dreht, welche Jungregisseurin Francesca Gregorini zusammen mit der Co-Autorin Sarah Thorp erst höchst professionell auf Papier und später auf Film gebannt hat.

Bei so viel femininer Fokussierung, Ausrichtung und Beteiligung sollte jeder Adrenalinjunkie gewarnt sein, der sich von Linda`s Child einen nervenzerfetzenden Thriller mit Herzinfarktrisiko erwartet und auch alle Gorehounds sei verraten, dass hier keinerlei Blutdurst gestillt wird. Vielmehr wird mit der Unterstützung eines hypnotisierenden Scores ganz behutsam eine gemäßigte Spannung aufgebaut, die mehr von der psychologischen Komponente lebt, als von kruden Schockmomenten. An einer Stelle des Films wird dies am besten deutlich, nämlich dann als er die Möglichkeit hat, drei verschiedene (Genre-)Verläufe einzuschlagen und für Zuschauer mit falschen Erwartungen, dann gerade den wählt, welcher am unspektakulärsten erscheint, aber letztendlich der einzig konsequente ist.

Wer also an einem guten Drama mit psychologischen Tiefen, klassischem Spannungsaufbau und starken und in der Mehrzahl weiblichen Darstellern interessiert ist, kann bei der Veröffentlichung von Linda`s Child durch Pierrot Le Fou/ Alive bedenkenlos zugreifen. Diese kommt auf DVD und Blu-Ray und ist technisch voll auf der Höhe der Zeit, lässt allerdings jegliche Extras vermissen.