Poltergeist ✍

Holterdipolter durch die Medienlandschaft

Remakes sind ja so eine Sache, sie stehen gerne unter Verdacht, bereits Gesehenes neu aufzukochen, ohne dem Ganzen einen neuen Twist oder eine eigene Note zu geben – besonders wenn sie so nah am Plot des ursprünglichen Films bleiben wie in der aktuellen Version von POLTERGEIST. Und wahrlich: Gebraucht hätte es dieses Remake sicher nicht, aber es wartet mit einigen schlauen Einfällen auf, die zwar weder Stoff noch Genre neu erfinden, sicherlich aber kurzweilige Gruselunterhaltung und ein mediales Update von Tobe Hoopers Film aus dem Jahr 1982 bieten.

Drehbuchautor David Lindsay-Abaire hält sich nicht lange damit auf, einen Spannungsbogen aufzubauen, sondern schöpft bereits im ersten Drittel, was die Schockeffekte anbelangt, aus dem Vollen. Dass Familie Bowens neues Heim auf einem ehemaligen Friedhof steht, wird lediglich in einem Nebensatz erwähnt, ist kein dramaturgischer Effekt mehr, sondern objektive Erklärung für die aus dem Totenreich zurückgekehrten Geister, die nun dieses Haus heimsuchen und die kleine Tochter Madison in eine Zwischenwelt mitnehmen.

They’re here! They’re everywhere!

Ebendiese Geister flimmern in Gil Kenans (MONSTER HOUSE) Version des Stoffes nicht nur auf der Fernsehmattscheibe, um mit den Hausbewohnern zu kommunizieren, sondern über sämtliche Bildschirme und Elektrogeräte, die es heute in jedem Haushalt in rauen Mengen gibt – Tablets und Laptops drehen durch, Handys geraten auf der Suche nach dem Ursprung allen Übels zur Wünschelrute, selbst der Wachhund wurde von einer Alarmanlage abgelöst, die angesichts der von den Geistern erzeugten elektrostatischen Ladung verrücktspielt. „They’re here!“ – und nicht nur das: Sie sind überall!

Die Aussage von 1982 bleibt dieselbe – zu viel Medienkonsum wird sich rächen –, doch die Möglichkeiten an Effekten und Fallen sind durch die Fülle an Medien natürlich mannigfaltig und werden in ihrer Unterhaltsamkeit auch vollends ausgeschöpft. Konstatiert Tochter Kendra zu Beginn noch bestimmt „I need a mobile. It’s not a luxury, it’s a necessity!“, ist klar: Das muss schief gehen und der Zuschauer kann mit Vorfreude auf die Retourkutsche warten.

 

Family entertainment

Diese lässt auch nicht lange auf sich warten und trifft im aktuellen POLTERGEIST die gesamte Familie – wurden 1982 die verbliebenen Kinder vor dem Showdown noch geschwind in Sicherheit gebracht, sind sie heute an der Bekämpfung der Poltergeister aktiv beteiligt. Mediale Sozialisierung hilft eben auch bei der realen Geisterjagd und so spielt Sohn Griffin (großartig dargestellt von Kyle Catlett, bekannt aus Jean-Pierre Jeunets THE YOUNG AND PRODIGIOUS T.S. SPIVET) zu Beginn des Films nicht umsonst einen Egoshooter auf dem Tablet und kann später seine Kameradrohne durch das Wandschrankportal in die Zwischenwelt fliegen. Mittendrin statt nur dabei.

Das mediale Wettrüsten macht auch vor den angeforderten Wissenschaftlern nicht Halt: Wärmekameras und GPS-Sender gehören zur Standardausrüstung und der Chef der Forscher, Carrigan Burke, ist natürlich auch nicht mehr das parapsychologische Medium, das er einmal war, sondern ein Reality-TV-Ghostbuster, von Jared Harris genüsslich im Geiste eines Mad Eye Moody aus dem Harry-Potter-Universum verkörpert. Unterhaltungswert: hoch, doch der Schauer des Originalfilms wird durch die kräftige Betonung der Metaebene ein wenig geschmälert. Der Grusel des Unerklärlichen muss einer augenzwinkernden 15-minutes-of-fame-Realität weichen.

So ist POLTERGEIST ein schlauer medialer Kommentar auf Tobe Hoopers und Steven Spielbergs Film und hat natürlich auch ein Update erfahren, was die Special Effects anbelangt. Diese sind zweckmäßig eingesetzt, jedoch keinesfalls mehr bahnbrechend – und in einem Film, dessen Hauptleistung es ist, einen über 30 Jahre alten Horrorklassiker medial neu zu verorten, möchte man meinen, dass die 3D-Technik einen Beitrag zu dieser Aktualisierung leistet. Selten war 3D jedoch so überflüssig. Die Stärken des Films liegen eindeutig in der Metaebene und in der durchweg erstklassigen Besetzung – neben Jared Harris und Kyle Catlett halten Rosemarie DeWitt und der wie immer herausragend aufspielende Sam Rockwell als Elternpaar die Geisterbahnfahrt am Laufen und erden diesen multimedial aktualisierten und selbstreflexiven Film, der nicht mehr als eine kurzweilige Jahrmarktsattraktion ist. Aber eben auch nicht weniger.


Gastautor: Sofia Glasl


POLTERGEIST, USA 2015 – Regie: Gil Kenan. Drehbuch: David Lindsay-Abaire nach der Story von Steven Spielberg. Kamera: Javier Aguirresarobe. Mit: Sam Rockwell, Rosemarie DeWitt, Kyle Catlett, Saxon Sharbino, Jared Harris, Jane Adams. Verleih: 20th Century Fox, 93 Minuten. Kinostart: 28.5.2015.