Big Eyes ✍

Bundesstart: 23.04.2015
(StudioCanal Deutschland)

Die Welten des Regisseure Tim Burton sind geprägt von bunten bis düsteren Märchenkitsch der meistens gut ins Geschehen integriert ist, manchmal aber auch einen nervenden Charakter inne hat. Seine filmischen Umsetzungen bergen bis heute einen speziellen Look der ihn zu einem der kommerziell erfolgreichsten Filmemacher Amerikas werden ließ. Bereits Pee-wees irre Abenteuer (Pee-wees big Adventure, 1985) war ein Box-Office Hit und nicht wenige Werke Burtons spielten ihr Budget bereits an der Abendkasse wieder ein, was nicht selbst verständlich ist. Seine Arbeit gestaltete er in den letzten Jahren, besonders in Zusammenarbeit mit Walt Disney, gerne mit Bombast. Sein aktuelles Stück wirkt dagegen wie David, wenn man sein bisheriges Schaffen als Goliath bezeichnen würde. Mit lediglich zehn Millionen Dollar Startkapital präsentiert er ein schlichtes Biopic über eine Künstlerin, die sich in den 60er-Jahren über ihren Ehemann hinweg emanzipiert.

Die wahre Geschichte von Margaret Keane und ihren Zeichnungen von Kindern mit überdimensioniert großen Augen ist ein interessantes und junges historisches Ereignis der zeichnerischen Künste. Zu ihrer Zeit konnte eine Frau, egal wie talentiert sie auch war, kein Bild verkaufen. Dieser Meinung ist auf jeden Fall ihr zweiter Ehemann, der sich als Schöpfer von Margarets hinreißenden Portraits verkauft. Sie hat nicht den Mut zu wiedersprechen und plötzlich ist sie Beteiligte einer Lüge um ein Millionen-Dollar-Imperium. Innerlich stirbt sie mit jedem entstanden Bild ab, das ihr Gatte veräußert und als sein Genie tarnt. In jedem Gesicht mit den Big Eyes steckt ihre Liebe, die letztlich zu Plagiaten auf Kaufhaus-Wühltischen degeneriert werden.

Das Ehepaar Keane geben Amy Adams und Christoph Waltz und Erstere überzeugt mit ihrer Darstellung als aufstrebende Frau, die sich aus einer erdrückenden Lebenssituation empor kämpft, in einer Zeit in der Frauen noch nicht sehr viel in der Testosteron dominierten Gesellschaft zu melden hatten. Waltz ist dann leider die große Enttäuschung in der Beziehung. Ungeachtet dessen, wie das Verhalten des realen Walter Keane tatsächlich gewesen sein mochte, so ist seine Entscheidung diese Figur der Landau/King-Schultz-Kur zu unterziehen einzig als Falsch zu bezeichnen. Völlig überdreht und ohne Glaubwürdigkeit spielt er den egozentrischen und egoistischen Hochstapler mit einer nervenden Inbrunst die sich am Rande des Aushaltenbaren befindet. Man bekommt den Eindruck dass die amerikanische Filmbranche nur den einen Typus von dem Österreicher sehen möchte, egal ob Nazi, Kopfgeldjäger, Gangster oder treuloser Ehepartner. Die Züge aller seiner Leistungen in den letzten Jahren ähneln sich sehr, aber hier passt dieses Uferlose, mittlerweile inflationär wirkende Persönlichkeitsprofil nicht hinein.

Big Eyes ist ohne Frage eine hundert Prozentige Veränderung im Anbetracht von Tim Burtons bisherigen Werken. Keine Phantasy, nichts ausgeflipptes, keine Helena Bonham Carter oder Johnny Depp. Er inszeniert einen reine Biografie ohne Schlenker und gerade heraus. Das ist prinzipiell nichts Negatives, wird aber viele Fans des stuppelhaarigen Märchenerzählers überraschen. Zur Last muss man ihm aber dennoch legen, dass er sehr formelhaft, am Ende fast faktisch, vorgegangen ist und wie auf einer Zeitleiste Häkchen setzt, wodurch kaum Spannung erzeugt wird. Nur von seinen Protagonisten lebt das Endprodukt, aber auch nicht was eine gewisse Unzufriedenheit aufkommen lässt. Bei diesem völlig untypischen Beitrag zu Burtons Vita, liegt der Gedanke nah, dass ihm das Leben der Keanes sehr am Herzen lag und er seine Präsenz nutzt um die Welt von diesem Krimi in Kenntnis zu setzten. Die treibenden Kräfte hinter dem Projekt waren aber die Autoren Scott Alexander und Larry Karaszewski. Mit Larry Flynt – Die nackte Wahrheit (The People vs. Larry Flynt, 1996) und Der Mondmann (Man on the Moon, 1999) realisierte Milos Forman zwei ihrer Drehbücher. Tim Burton selbst setzte bereits bei Ed Wood (Ed Wood, 1994) eines ihrer Skripte um. Dabei wird Ersichtlich das die beiden Herren dem Biopic ihre besondere Aufmerksamkeit widmen und bei all den Beispielen handelt es sich auch um sehenswerte Lebensbetrachtungen, die sogar aus den Einschränkungen des Genres ausbrachen, flexibel waren und mit einem guten Mix aus Fakt und Unterhaltung überzeugten. Mit Big Eyes haben sie keine derartige Grundlage geschaffen und auch ihr prominenter Regisseur konnte den Stoff letztlich nicht zufriedenstellend umsetzten. Womöglich liegt das auch daran, dass er zu sehr versucht hat anders zu sein. Gepaart mit seinem extravaganten Stil hätte man sicher mehr erreichen können, gerade in Anbetracht der ausdrucksstarken Kunst von Mrs. Keane.

Der gesamten Inszenierung fehlt es an Biss. Zu trocken für ein Drama, zu öde für einen Krimi, zu farblos für eine Romanze. Einzig die geheimnisvollen Ereignisse um Margaret und Walter Keane betreffend „ihrer“ Bilder bleiben als faszinierendes Element übrig. Ob man dazu aber den Film sehen muss, ist fraglich, eine umfangreiche literarische Zusammenfassung ist diesbezüglich sicher aufschlussreicher.