Und da währen wir wieder liebe Schildkröten-Jünger. Denn im Jahre 1993 hieß es zum dritten Mal Turtles, im Titel gekennzeichnet durch eine schlichte, aber zweckdienliche III.
Fanden zwischen Teil 1 und Teil 2 nur kleine Änderungen statt, schlägt hier nun die Franchise einen komplett neuen Weg ein. Dieser wird von den Fans noch bis heute sehr kontrovers diskutiert. Während die einen mit der Neuausrichtung der Geschichte so rein gar nichts anfangen konnten, waren die anderen froh über den Wechsel der Szenerie. Aber was war passiert?
Der Einfluss des ehemaligen Co-Produzenten Golden Harvest rückte bei Turtles III gegenüber den anderen Produktionsfirmen in den Vordergrund. Wenig verwunderlich ist es also, dass den Hongkonger-Filmemachern viel daran lag, den Asia-Faktor von Turtles zu vergrößern um auch den heimischen Markt besser zu bedienen.
Dies bedeutete, dass man den Haupthandlungsort des Films von New-York nach Japan verlegte und unsere vier Helden somit ihrer angestammten Umgebung entriss. Eine große Herausforderung auf allen Ebenen, was natürlich damit begann, eine trotzdem schlüssige Geschichte zu ersinnen. Zuständig dafür war Autor und Regisseur Stuart Gillard (RocketMan) der sich also folgendes Einfallen lies:
Nachdem Shredder und seine Foot Gang nun endgültig besiegt waren, verläuft das Leben unserer Lieblingsschildkröten Leonardo, Donatello, Raphael und Michelangelo wieder in geordneten Bahnen, um nicht zu sagen die Jungs sind von der, weitestgehend nur aus Training bestehenden, Normalität recht gelangweilt.
Und so kommt es den Vieren gerade recht, als Freundin April O`Neil (zurück aus Teil 2 Paige Turco) eine Reihe von Geschenken im Turtle-Headquarter (die alte U-Bahn-Station) ausliefert und für etwas Abwechslung sorgt. Unter den Mitbringseln befindet sich auch ein japanisches Zepter, dessen Funktion sich allerdings anfänglich niemandem erschließt. Erst als nach reichlich Getöse April verschwunden und an ihrer Stelle ein japanischer Krieger aus dem 16. Jahrhundert aufgetaucht ist, offenbart sich die Wirkungsweise des wundersamen Gegenstands.
Klar lassen die Turtles ihre Freundin nicht im Stich und reisen ihr ins fernöstliche Japan hinterher, nachdem sie die Bedingungen für diesen Zeitsprung erfasst haben. Damit dieser funktioniert, müssen an ihrer Stelle vier andere Personen den Platz im Big Apple der 1990er Jahre einnehmen, was dann auch geschieht. Der Kulturschock für alle Zeitreisenden ist natürlich groß, allerdings hat das Neu-New-Yorker-Samurai-Quintett den besten vorstellbaren Fremdenführer in Casey Jones (zurück aus Teil 1 Elias Koteas), wohingegen die Turtles in einen waschechten Konflikt zwischen Feudalherren und Rebellen schlittern, bei dem auch westliche Piraten kräftig mitmischen.
Eine etwas andere Kategorie an Herausforderung also, als ein paar Halbstarke mit weißem Gürtel, die denken Schattenkrieger zu sein. Aber hey, die Turtles behalten natürlich trotzdem die Oberhand und alles ist gut. Alles? Nicht ganz.
Was uns zu den Neuerungen zurückbringt. Und diese sind zunächst vor allem visueller Natur. Denn leider konnte für Turtles III nicht mehr Jim Henson`s Creature Shop gewonnen werden und es durften sich andere Animatoren und Maskenbildner versuchen. Diese machen ihre Sache nicht wirklich schlechter, da das Lebenserweckungsprinzip eines Turtles wieder auf die gleich Formel zurückgeführt wurde, sprich Schauspieler + Stuntman + Animator + Synchronsprecher = Turtle. Allerdings traf man mit den neuen und sogar praktikableren, da leichteren Kostümen, nicht ganz die geschmackliche Note und hat klar das visuelle Nachsehen gegenüber den Originalgummistramplern. Der Punkt geht eindeutig an die Kritiker.
Wesentlich streitbarer ist da schon die Wahl des Schauplatzes mit der Verlagerung der Geschichte nach Japan. Trotz des fernöstlichen Handlungsortes hat man zu Drehzwecken die USA nie verlassen, sondern wieder ordentlich getrickst. Verwandelte man in den ersten beiden Teilen noch das eher provinzielle North Carolina in ein hippes New York, so wurde in Turtles III ein alter Flugzeughangar in Oregon in diverse Sets, wie eine japanische Küstenburg umgebaut. Die vor Ort befindlichen Gebirge und Landschaften dienten dann als perfekter Ersatz der naturräumlichen Begebenheiten in Japan und gaben eine erstklassige Kulisse für ein Bergdorf der Rebellen ab. Hier haben die Location-Scouts und die Set-Designer wirklich ganze Arbeit geleistet und die Enge und Eingeschnürtheit der New Yorker Straßenschluchten in weite und frei-atmende Landschaften verwandelt. Eine Änderung der man also per se nicht ablehnend gegenüber stehen muss.
Eher begrüßenswert ist es auch, dass man dem Film eine etwas erwachsenere Note verlieh, indem man den Turtles erlaubte, wieder ordentlich zu Kampfzwecken ihre angestammten Waffen zu gebrauchen. Und auch der Umgang zwischen den Rebellen, Piraten und den Truppen des Feudalherren ist gar nicht so zimperlich, denn dort wird niedergebrannt und geplündert, eingekerkert und zumindest verbal kein Gefangener gemacht.
Nichtsdestotrotz bleibt Turtles III ein Film für eine Zielgruppe von 6 – 15 Jahren und das sollte auch jedem Erwachsenen klar sein, der aufgrund zu einfach gestrickter Handlungselemente zu sehr den Reich-Ranicki raushängen lässt. Denn was kann es Schöneres geben, als einen erwachsenen Mann der verkehrt herum in einem Turtle-Kostüm UND einer Samurairüstung steckend auf einem Pferd mit einem Mordstempo durch die japanische Prärie reitet? Oder wenn man als kleiner Rebellenjunge nur knappstens von einem Turtle aus einem brennenden Haus gerettet und durch eine Reptilien-Mensch-Schnabel-zu-Mund-Beatmung zurück ins Leben geholt wird? Nicht viel, oder?
Auch freut man sich als Kind tierisch, sobald man bemerkt, dass die vermeintlich kleine Rolle des in New York zurückgebliebenen und beim Publikum extrem beliebten Casey Jones verdoppelt wurde, indem man Elias Koteas kurzerhand noch einen zweiten Charakter spielen ließ. Ob diese Dopplung inhaltlich motiviert ist oder nicht ist eigentlich Wurst oder in dem Fall eher Pizza oder doch Frisbee?
Da hört der echte Fan doch glatt auch zum dritten Mal über die dämlichen Soundeffekte der deutschen Synchro hinweg oder switched einfach in den Originalton und selbst alle die den Ninja Rap vermissen, werden zugeben müssen, dass der titelgebende ZZ-Top-Song auch nicht sooo schlecht ist. Der Rest sind wieder coole Sprüche (von denen zweifelsohne nicht jeder 100%ig sitzt), kindgerechte aber trotzdem spektakuläre Actionchoreographien, eine schöne Kameraarbeit und visuelle Note (Stichwort Eröffnungssequenz) sowie vier charismatische Helden die sich in gewohnter Manier durch das Filmuniversum zitieren.
Zusammengefasst bleibt Turtles III trotzdem der schwächste und auch am wenigsten erfolgreiche Teil der Reihe und kann doch als gelungener Abschluss bezeichnet werden, vor allem wenn man bedenkt, was später mit der Real-Fernsehserie nach kam. Die hätte man sich dann doch lieber mal schenken können.
Schenken lassen kann man sich die Neuveröffentlichung auf Blu-ray aus dem Hause Winkler Film/ Alive, welche wieder mit einem von mir hoch angesehenen Audiokommentar und ordentlichen technischen Werten daherkommt.
Also genau das Richtige, um die Wartezeit auf Teenage Mutant Ninja Turtles 2014 zu überbrücken. Wir sehen uns im Kino, wenn es wieder heißt: Ich liebe es, eine Schildkröte zu sein! Auch mit 32 Jahren.