Seit 31.03.14 im Handel erhältlich.
Revengers (The Revengers 1972) eröffnet mit einer friedlichen Anfangssequenz in einer scheinbar heilen Welt. Ranger John Benedict (William Holden*), früher hoch dekorierter Offizier im Bürgerkrieg auf der Seite der Nordstaaten, kehrt nach einer längeren Reise auf seine Farm zu Frau und Kindern zurück, welche ihn freudig empfangen. Unerwartete Gäste in Person von Sheriff Whitcomb und Lieutenant Lawson von der Colorado-Miliz sind ebenfalls anwesend. Letzterer hat den Auftrag Benedicts ältesten Sohn Morgan für die renommierte Militärakademie West Point (gegründet 1802 von George Washington und Thomas Jefferson) anzuwerben. Zunächst gar nicht von der Idee begeistert, willigt der Vater nach dem persönlichen Gespräch mit seinem Jungen letztendlich aber ein.
Doch noch bevor dieser am nächsten Tag abreisen kann, nimmt die Tragödie seinen Lauf, denn während der Ranger auf der Jagd nach einem Berglöwen ist, werden seine Ranch überfallen, alle Pferde gestohlen, sowie Frau und Kinder massakriert. Die Täter, ein Haufen aus Comanchen und Weißen Banditen (Comancheros), machen dabei keine Gefangenen und nur Benedicts Vorarbeiter Free überlebt den Überfall, allerdings nur noch so lange, um einen der Angreifer zu beschreiben. Dieser Comanchero zeichnet sich durch ein weißes (trübes) Auge aus und wird von da an von Benedict quer durchs Land verfolgt. So bricht dieser ohne zu Zögern auf, lässt alles Vieh verkaufen und die Farm vernageln, um sich von nun an nur noch dem Gedanken der Rache hinzugeben.
Dabei auf sich allein gestellt und mittlerweile bei seiner Jagd an der Grenze zu Mexiko angekommen, fasst er den Plan, sich in einem Strafgefangenenlager ein halbes Dutzend Männer zu rekrutieren, die ihm bei seinem Vorhaben unterstützen sollen. Die schwierigen Typen unterschiedlichster Herkunft, sind allerdings unberechenbar und sorgen schon kurze Zeit nach ihrer Befreiung für Ärger, bestehlen ihren Wohltäter und setzen sich mit dessen Geld ab. Einzig der ehemalige Sklave Job (Woody Strode**) ist loyal und klärt Benedict etwas genauer über die Charaktere seiner ehemaligen Mithäftlinge auf. Anhand dieser Beschreibungen gehen die beiden von einer baldigen Wiederkehr der anderen aus, welche dann auch tatsächlich, nachdem sie in kürzester Zeit alles Geld verhurt und versoffen haben, zurückkommen.
Dem ursprünglichen Ansinnen Benedicts steht nun nichts mehr entgegen und wer sich ihm und seinem dreckigen halben Dutzend in den Weg stellt, wird aus selbigem geräumt.
Mit diesem Satz, ist natürlich was Revengers angeht, einer seiner vielen geistigen Väter bereits verraten, denn der harte Spätwestern von Regisseur Daniel Mann*** variiert und kombiniert viele Motive des Action-Genres und verweist auf so einige seiner Vertreter.
Dabei hat Mann, vorher eher für seine filmischen Umsetzungen von Theaterstücken und Romanvorlagen bekannt und Neuling im Genre, einen interessanten Zwitter aus klassischem US-Western und seinem raueren und schmutzigeren Cousin aus Italien geschaffen. Denn Revengers vereint geschickt Elemente beider Genre und schwimmt mit auf einer Welle ähnlich angelegter Filme, wie etwa Die gefürchteten Vier (1969), The Wild Bunch (1969), Ein Fressen für die Geier (1970) oder Pat Garret jagt Billy The Kid (1973) mit, die zu dieser Zeit entstanden.
So wird das anfänglich positive Szenario von der heilen Familie des weißen Ranchers, lebend in den üppigen Weiten der Rocky Mountains, schnell durch das schreckliche Blutvergießen der Banditen zerstört, welche in einem US Western der 1950er Jahre sicher noch komplett aus Indianern bestanden hätten, unter denen sich hier aber auch Weiße befinden.
Weiterhin spricht es Bände, dass die engagierten Rächer laut ihrer Vita eigentlich keinen Deut besser sind und sich dabei weitestgehend aus Räubern, Dieben, Betrügern und Mördern zusammensetzen. Da spielt dann auch die Herkunft keine Rolle und so ist US-Amerikaner Hoop (Ernest Borgnine****) genauso wenig ehrbar und eher zwielichtig, wie die Mexikaner Cholo (Jorge Martinez des Hoyos+) und Chamaco (Jorge Luke++), der Deutsche Zweig (Rene Kolldehoff+++) oder der Franzose Quiberon (Roger Hanin++++). Die beiden letzteren entsprechen dann, zusätzlich zu ihrem schlechten Charakter, noch den gängigen volkskundlichen Stereotypen, ist der Deutsche doch ganz vorn dabei wenn es ums Saufen und der Franzose, wenn es um die Liebe, respektive das Vögeln geht.
In diesen schlechten Charakteren schlummert am Ende aber immer ein guter Kern, welcher sie final dann doch von den wirklich üblen Schurken unterscheidet und die Nadel wieder ein wenig mehr Richtung klassischem US-Western ausschlagen lässt. Dieses Gefühl erreicht seinen Höhepunkt, wenn nach zwei Dritteln des Films Benedict auf die Krankenschwester Elisabeth (Susan Hayward#) trifft, die ihm mit einem rührenden Appell an die Menschlichkeit zum Bleiben überredet. Doch noch wirkt der Gedanke der Rache stärker im Getriebenen, als die Aussicht auf eine neue Liebe.
Ob das Ende der Jagd, dann wieder mehr den Motiven des Italowesterns entspricht oder nicht, soll an dieser Stelle der Spannung willen natürlich nicht verraten werden. Zwischenzeitlich wird aber gestorben und vor allem geblutet was das Zeug hält, so dass sich mancher, als überhart und explizit verschriener Spaghetti-Vertreter gewalttechnisch ganz weit hinten anstellen kann.
Da verwundert es schon ein wenig, dass die vorliegende Blu-ray-Neuveröffentlichung von Explosiv Media/ Alive mit einer FSK 12 daherkommt, eine damals sicher unvorstellbare Altersfreigabe.
Unvorstellbar ist auch der Fakt, dass die oben erwähnte nicht unwichtige Ansprache durch Susan Haywards Charakter in der ursprünglichen Kinofassung – wahrscheinlich aus Angst die Action könnte zu sehr zum Erliegen kommen – fast gänzlich fehlte und in dieser Version erstmalig wieder in den Film integriert wurde. Zum Glück ersparte man dem deutschen Zuschauer eine oft minderwertige Nachsynchronisation der Szenen und untertitelte diese lediglich.
Als Bonus zur neu in HD abgetasteten Fassung auf der Blu-ray gibt es ein schickes Booklet mit wertvollen Informationen zum Film, weitere Extras bleiben bis auf ein paar Trailer und eine Bildgalerie allerdings zum Leidwesen des interessierten Zuschauers aus .
Denn dieser hat nach Sichtung von Revengers mit Sicherheit das Bedürfnis nach der ein oder anderen Hintergrundinformation, bietet der Film doch unzählige Aufhänger für weitere Nachforschungen. Zu diesen zählen das herzhaft aufspielende Schauspielerensemble um altgediente Größen wie Holden, Borgnine, Strode und Hayward und ihre jahrzehntewährenden und erfolgreichen Karrieren oder die inhaltliche, sowie die genretypische Thematik.
Aber allen fehlenden Extras zum Trotz ist Revengers in dieser Veröffentlichung ein äußerst unterhaltsamer und sehenswerter Vertreter seines/r Genres, der trotz kleinerer Plotlücken und einer manchmal etwas holprigen Inszenierung, eine hohe Daseinsberechtigung in der großen Familie des Westerns hat. Dies beweist auch der Fakt, dass heutige Regisseure bei ihren Genrebeiträgen, mittlerweile selbst auf Revengers referenzieren. So springt jedem aufmerksamen Zuschauer förmlich die Szene ins Auge, in der die befreiten Ex-Häftlinge frisch ausgestattet werden und Woody Strodes Charakter Job, sich erstmals in seinem Leben selbst einkleiden kann und dabei farblich voll zulangt. Quentin Tarantino lässt es ihm mit Jamie Foxx genau 40 Jahre später in Django Unchained in noch gesteigerter Form gleich tun und ehrt somit verdientermaßen einen filmhistorisch wichtigen Vertreter seiner Art.
* Die Brücke am Kwai (1957), The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz (1969), Flammendes Inferno (1974)
** Spartacus (1960), Spiel mir das Lied vom Tod (1968), Keoma – Ein Mann wie ein Tornado (1976)
*** Kehr zurück, kleine Sheeba (1952) , Die tätowierte Rose (1955), Telefon Butterfield 8 (1960), Willard (1971)
**** Das dreckige Dutzend (1967), Die Klapperschlange (1981), R.E.D. – Älter, Härter, Besser (2010)
+ Die glorreichen Sieben (1960), Die gefürchteten Vier (1966), Die Hölle von San Sebastian (1968)
++ Keine Gnade für Ulzana (1972), Salvador (1986), Das Kartell (1994)
+++ Die Verdammten (1969), Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle (1972), Der Schimmelreiter (1978)
++++ Rocco und seine Brüder (1960), Die dreizehn Sklavinnen des Dr. Fu Man Chu Das Gesetz der Mafia (1992)
# Angst vor der Schande (1949), Und morgen werd ich weinen( 1955), Laßt mich leben (1958)