Die Akte Bin Laden ✍

Seit 22.08.2014 auf DVD im Handel erhältlich.

Aktuell findet sich die Diskussion zum Thema Islamismus und Fundamentalismus in Religionen im Mittelpunkt vieler Berichterstattungen der Medien. Die Anhänger und Kämpfer des Islamischen Staats, welche bedenklicher Weise erfolgreich im Nahen Osten an Land gewinnen, charakterisieren sich für die westliche Welt als kriminelles Bündnis. Mit einer ausgeklügelten Propagandamaschinerie vergrößern sie ihre Armee und rekrutieren auch deutsche, zumeist junge Menschen. Der Dialog ist schwierig und für unerfahrene Gesprächsteilnehmer bleibt kaum ein bedeutsames Wort zu sagen. Natürlich kann man Recht von Unrecht unterscheiden, aber aus jeder Perspektive kommen Argumente, die das Handeln der Salafisten oder des IS rechtfertigen oder verurteilen. Ich für meinen Teil verurteile jedes Aufzwingen einer Lebensweise durch Gewalt und Unterdrückung. Als Mitglied einer abendländischen Religion könnte man mir nun aber auch wieder vorwerfen, das die katholische Kirche dies ebenfalls getan hat und dabei auch nicht zimperlich war. Die Kreuzzüge gehen jetzt nicht mehr von West nach Ost sondern umgekehrt. Dieser Fakt ist aber gehaltlos, denn schlimme Fehler sollten unter keinen Umständen wiederholt werden!

Der Film Die Akte Bin Laden versucht ein Bild zu zeichnen, wie man von einem unschuldigen Knaben zu einem fundamentalistischen Gläubigen werden könnte. Als Erklärung der Radikalisierung dient zum Beispiel die Ausgrenzung von zwei muslimischen Jungen an einem katholischen Internat in England. Nach einer Findungsphase, beeinfluss von weiteren Schikanen, werden beide Männer Mitglieder der Al Kaida. Ihr Lebenslauf wird abwechselnd und parallel zu der Geschichte von einem amerikanischen Journalisten gezeigt. Dieser verlor seine Schwester im zusammengestürzten World Trade Center in New York. Mit dieser Betroffenheit recherchiert er nach dem wirtschaftlichen und finanziellen Netz hinter der Terrorgemeinschaft. Dabei stößt er auf ein Video von Bin Laden und der oberen Führungseben des islamistischen Terrors, welche zur damaligen Zeit die Fäden zu ziehen schien. Bei der Jagd nach Fakten fällt er schnell auf und so werden sich die Wege der Suchenden kreuzen und nicht nur zwei Schicksale besiegeln.

Angelehnt ist der Inhalt von Jamil Dehlavis Film an der wahren Geschichte des Journalisten Daniel Pearl, der im Jahr 2002 von der Al Kaida entführt wurde. Jegliche weitere Erläuterung könnte dem uninformierten Zuschauer die Spannung nehmen, welche auch bei so einem ernsten Film von Nöten ist. Das Wort „spoilern“ wirkt angesichts des Themas deplatziert.

Infinite Justice lautet der Originaltitel und ist ein für mich schwer ein zuschätzen. Viele Abläufe wirken zu plakativ und somit unglaubwürdig. Was ist aber schon eine glaubwürdige Darstellung in einem Pool aus Vermutungen, Propaganda und verfälschten Informationen. Als Krimi funktioniert Die Akte Bin Laden hingegen sehr gut. Ein spannender Aufbau der Erzählung führt zu einem schockierenden Finale, simpel und effektiv. Die Ermittlungen der Presse kommen einer Schnitzeljagt gleich und durch die Drehorte in Pakistan wird eine authentische Kulisse erschaffen. Diese Authentizität geht aber beispielweise wieder in den Szenen verloren, in denen die Pakistaner untereinander englisch sprechen und nicht in ihrer Landessprache kommunizieren. Bei einem Werk, das ein Stück weit auch Dokumentation ist, sollte man auf solche Details mehr Wert legen.

Vergleichbar ist dieser bereits 2006 entstandene britische Film, mit dem thematisch verwandten The Reluctant Fundamentalist, der mit sehr viel mehr amerikanischer Starpower der erfolgreichere war. Er hatte aber auch mit den gleichen Problemen zu kämpfen und in der Gesamtbetrachtung kommt Die Akte Bin Laden besser weg. Das ist der dichten Inszenierung zu verdanken die Fiktion, Verdacht und Fakt verbindet. Kein befriedigendes Werk für die Wahrheitsfindung, aber ein guter Thriller mit realitätsbezogenen Hintergründen.