Ab: 22.07.2014 auf DVD und Blu-ray im Handel erhältlich.
Das populäre polnische Kino verirrt sich nur selten in den benachbarten Westen, die aufwändige Serienadaption Hans Kloss – Spion zwischen zwei Fronten wagte diesen Schritt allerdings erfolgreich. Wenn der Besucheransturm auch ausblieb, ist es dennoch ein Erfolg wenn er im Ausland auch im Kino präsent war. In Polen strömten die Menschen in die Lichtspielhäuser, um den explosiven Historienstreifen zu sehen. Dieser Film beruht auf einer TV-Serie von 1967/68 welche bei uns unter dem Titel Sekunden entscheiden bekannt ist (oder auch nicht). In 18 Episoden (in der DDR 17 Episoden) wurde die Geschichte des Stanislaw Koliki erzählt. Er ist polnischer Geheimagent und wurde in den frühen 1940er Jahren im Naziregime eingeschleust. Als Doppelgänger des angesehenen Militärs Hans Kloss, infiltriert er die Führung des Dritten Reichs.
Im modernen Gewand, bunt (soweit es die 40er und 70er Jahre zulassen), laut und schnell schickt der Regisseur Patryk Vega den Spion J-23 wieder in den Kampf. Als „James Bond in Wehrmachtsuniform“ bezeichnet ihn ein Kritiker, was zu hoch gegriffen. Abenteuerelemente und imposante Actionszenen lassen für diese Einschätzung aber Verständnis aufkommen. Auch mit brutalen Auseinandersetzungen geizt man nicht, da wird auch mal rasch ein Hammerstiel durchs Auge, in den Kopf des Gegners gerammt. Bei der Gesamtdarstellung bleibt es zu bezweifeln, dass die Kenner und Liebhaber der originalen Fernsehversion Freude daran haben werden. Sichtbar ist die neue Interpretation einem jüngeren Publikum gewidmet.
In diesem abendfüllenden Auftrag geht es um die Suche nach dem, bis heute international begehrten, Bernsteinzimmer. Dieses fungiert hier als MacGuffin und liegt bei verschiedenen Parteien im Visier. Die Handlung wird auf zwei Ebenen erzählt. Die erste beschreibt die Geschehnisse um das Verschwinden des Schatzes um 1945, bei dem Diebstahl durch die Nazis. 30 Jahre später wird Hans Kloss wieder in Erscheinung treten, um den teuersten Raum der Welt aufzuspüren. Somit will er verhindern, dass die alten Genossen, falls sie das Prunkzimmer vor ihm finden und zu Geld machen, ein 4. deutsches Reich erschaffen können.
Der gereifte Titelheld wird von Stanislaw Mikulski gespielt, der in Polen seit über 50 Jahren als Schauspieler tätig ist. Sein jüngerer Pendant wird von Tomasz Kot verkörpert, welcher auch durch sein Mitwirken an zahlreiche Serien und Spielfilmen, einen hohen Bekanntheitsgrad haben dürfte. Für die Mehrheit des deutschen Zuschauers sind die meisten Gesichter also eher unbekannt.
Mich spaltet Hans Kloss aus vielen verschiedenen Gründen. Zum einen hat man sich viel Mühe geben um eine authentische Atmosphäre zu erschaffen. Manchmal stolpert das findige Auge dabei gerne über Gegenstände, die nicht ganz in die handelnde Zeit passen wollen, was wiederum historisch versierte Betrachter zum Kopfschütteln bewegen wird. Es treten auch Personen auf, die es real gegeben hat. Beispielsweise Erich Koch (Gauleiter der NSDAP in Ostpreußen), der geschichtlich mit dem Verschwinden des Bernsteinzimmers in Verbindung gebracht wird. Auch das ist eine Maßnahme des Drehbuches, einen echten Bezug zur Story herzustellen, ebenso wie das Einbinden des Odessa-Klans, dessen Mitglieder sich aus ehemaligen Nazi-Größen zusammen setzten und rechte politische Ziele verfolgten, deren Existenz, in dieser Form aber auch nicht bewiesen ist. Als korrekte Studie eignet sich der Film also nicht. Er ist eher als popkulturelles Werk zu sehen, das sich die NS-Zeit als Spielplatz ausgesucht hat (ähnlich wie bei Tarantinos Inglourious Basterds), welcher sich immer wieder als zahlungskräftig erweist, sofern man die Quelle des „Reboots“ ausblendet. Dramaturgisch ist man um Dichte bemüht, nur wenige Stellen unterbrechen durch uninteressante Momente, was dies Histo-Action wieder interessant macht. Wenn Holzwachtürme explodieren und 20 Gegner auf einmal mit einem Flakgeschütz niedergestreckt werden, erinnert das beinah an den Ausbruch aus einem Vietkong-Gefängnis a la Norris oder Stallone.
Zusammenfassend ist Hans Kloss – Spion zwischen zwei Fronten ein respektabler Actionfilm vor augenzwinkernder historischer Kulisse. Vielleicht ist das der Start für den polnischen Genrefilm, außerhalb seiner Landesgrenze. Wir bleiben gespannt.