Ein Sarg aus Hong Kong ✍

Seit 09.09.2014 auf DVD und Blu-ray im Handel erhältlich.

Es gibt zurzeit keine Morde in London. Das macht den Privatdetektiv Nelson Ryan (Heinz Drache) zu einem arbeitslosen Mann. Ohne Ermittlungsaufträge bleibt die Kasse leer. Just in dem Augenblick, in dem er jene Situation beklagt, stößt er in seinem eigenen Büro über eine Leiche. Eine junge chinesische Frau, ermordet mit seiner eigenen Waffe, sitzt leblos in einem Sessel und gibt dem smarten Schnüffler einige Rätsel auf. Gerade hat er die sterblichen Überreste außer Sichtweite gebracht, da taucht der Schwiegervater des Fräuleins auf und beauftragt ihn den Tot seines Sohnes, bzw. ihres Ehemannes, zu untersuchen. Dessen Leichnam wurde bereits aus dem Ausland nach England überführt und der Sarg, der ihn beinhaltet, wird merkwürdige Dinge hervorbringen. Da Ryan offensichtlich selbst in den mysteriösen Fall verwickelt zu sein scheint, begibt er sich unverzüglich nach Hong Kong, dem Ort wo sich der „Unfall“ ereignet hatte und beginnt mit der Entschlüsselung dieser Intrige. Dabei gerät er in die Unterwelt der asiatischen Metropole und stößt auf einen maskierten Schurken großen Kalibers.

Bereits nach kurzer Zeit wird dem wachsamen Beobachter bei diesem Krimi klar, das es sich bei Ein Sarg aus Hong Kong um ein Fahrwasser-Produkt handeln muss. Eine starke Ähnlichkeit zu den Edgar-Wallace-Filmen, gemeint ist die Ära der Kinoserie die zwischen 1959 und 1972 in den deutschen Lichtspielhäuser erfolgreich zu sehen war, ist unverkennbar. Nicht nur Heinz Drache, der in einigen Wallace-Filmen eine Hauptfigur spielte, ist ein Indiz dafür, sondern auch die musikalische Gestaltung, als auch die gesamte Atmosphäre tragen dazu bei. Ein mysteriöses Verbrechen, ausgeübt durch ein, hinter einer Maske agierenden Phantoms: Ein Klassiker der deutschen Krimilandschaft jener Zeit. Die Produktion von Erwin C. Dietrich stammt aus dem Jahr 1964, also inmitten des Zeitraums, in dem jährlich mindestens ein Wallace-Krimi von Rialto-Film erschien.

Ein sicherer Anleger, kann man also sagen, der aber keinesfalls billig zusammengeschustert wurde. Neben Drache spielt Ralf Wolter den kauzigen Sidekick, der ein wenig an seinen Sam Hawkens aus den Winnetou-Filmen erinnert, die in den 60er Jahren ebenfalls sehr populär waren. Gedreht wurde unter anderen auch in Hong Kong und diese exotische Kulisse wirkt heute wie vermutlich auch damals, sehr beeindruckend auf ihr Publikum. Die Straßenschluchten und Skylines, gezeigt im Cinemascope-Format, sind großartige Nebendarsteller und in detailreich gestalteten Sets nimmt das kriminelle Kleinjuwel seinen Lauf, bis zum großen Finale.

Die herrlich naive Krimi-Logik hat nichts an ihrem Charme verloren und auch wenn man hier am Erfolg des Wallace-Phänomens mitverdienen wollte, so ist Ein Sarg aus Hong Kong eine qualitativ hochwertige Arbeit, die nun im Rahmen der Cinema Treasures bei Ascot Elite Home Entertainment veröffentlicht wurde. Der Film, inszeniert und (co-)geschrieben von Manfred R. Köhler, macht Spaß und erinnert an eine Epoche, in der der Realismus in Kriminalfilmen Größenteils egal waren und Unterhaltungswerte durch freche Witze und attraktive Frauen garantiert wurde.


Ende November 2014 erscheint des Weiteren eine um 15 Minuten längere Version, die als Director´s Cut angeboten wird. Inwiefern Köhler tatsächlich für diese Version verantwortlich ist, bleibt fraglich. Er starb bereits 1991. Mit der Kinofassung kann man aber auch nichts falsch machen. Mit Witz und Schlagfertigkeit hätten sich die Kinogänger sicher noch mehrerer Ryan-Filme gewünscht. Dieser blieb jedoch der einzige, obwohl das Konzept sicher auch als Serie aufgegangen wäre.