Ab 20.02.15 im Handel erhältlich.
Wo ist der Ausweg? Wie kann man der Politik und ihren Entscheidungen entkommen, die unser Land ohne einen sachlichen Blick in die Zukunft für das Stopfen von selbst erzeugten Haushaltslöchern, verschleudert? Wäre alles besser wenn man einen eigenen Staat gründen würde und wenn, würde man es besser machen? Davon sind Niels (Aljoscha Stadelmann) und Christian (Matthias Bundschuh) überzeugt und rufen vor den Toren der Landeshauptstadt ihre eigene Republik aus: Freiland.
Die beiden ungleichen, selbsternannten Staatoberhäupter beginnen, nach ihrem merkwürdigen Kennenlernen, eine kleine Anzahl an Aussteigern um sich zu scharren. Die Begeisterung ist überschaubar, aber diejenigen die kommen sind von der Idee eines gerechten und freien Landes überzeugt und sind gewillt ihr altes Dasein hinter sich zu lassen. Der Anfang ist schnell gemacht. Das Territorium ist ein altes, großes und renovierungsbedürftiges Landhaus. Nachdem die Pässe verbrannt wurden und neue, in Form von Din A6-Notizblöcken, verteilt wurden, werden jedem Bürger seine Pflichten und Aufgaben aufgetan. Auch Rituale werden entwickelt, beispielsweise das abendliche auslosen der Geschlechtspartner, um den Fortbestand des Volkes zu sichern. Voll Euphorie startet das Unternehmen Freiland, und droht doch bald zu scheitern. Unter den kritischen Augen des regionalen Dorfbürgermeisters, der die Kommune infiltrieren lässt, erblickt der Zuschauer bald, dass er Mensch in jeder Staatsform zum Scheitern verurteilt zu sein scheint.
Mit diesem experimentellen Beitrag zum politischen Film, erläutert der junge Regisseur und Drehbuchautor Moritz Laube seine Sicht zur Lage der Nation und den Mut deren Bewohner. Mut deshalb, weil sehr viele Menschen sich nur über die Regierung und das System in Deutschland aufregen, aber wer von denen protestiert schon wirklich? Die Teilnehmerzahlen an Kundgebungen und Demonstrationen zur bankbedingten Geldverschwendung, Armuts- und Asylpolitik oder steigendem Extremismus nach recht, links oder religionsbedingt nach oben, bleiben gemessen an der Gesamtbevölkerung gering. In Freiland wagt es eine Gruppe tatsächlich etwas zu verändern. Der Verlauf dieses Experimentes zeigt dabei aber eindrücklich, wie schnell man in die Muster verfallen kann, die einen eigentlich zuvor gestört hatten.
Die Frage die sich innerhalb der gut neunzig Minuten Laufzeit dem Betrachter stellt ist, was Freiland eigentlich sein will. Zwischen Komödie, Drama, Thriller und Dokumentarfilm schwankt die Stimmung, in dem prominent besetzten Werk, von einer Gefühlsebene zur anderen. Bis auf ein paar vorgefertigte Monologe, sind die Dialoge am Set improvisiert worden. Das macht teilweise Angst, wenn man bedenkt dass die Äußerungen der Protagonisten wirklich aus der Situation heraus entstanden sind. Das verlangt den Darstellern ab, sich mit ihrem darzustellenden Charakter gut auseinander zu setzten, beziehungsweise ihn explizit zu gestalten. Dabei schafft der Film oft Momente, in denen die Emotionen der Protagonisten dermaßen aufbrodeln, dass man vor Spannung an die vorderste Kante seines Sitzes wandert.
Die dramatischen Szenen, die zunehmend das Aufkommen einer Feudalherrschaft beschreiben, sowie die lustigen Begebenheiten, Running Gag inklusive, erinnern zeitweise an die filmischen Visionen von Christoph Schlingensief und der hätte sicher auch seine Freude daran gehabt, diesen durchgeknallten Typen zu zusehen, welchen die selbstständige Lebensfähigkeit nur bedingt attestieren werden kann.
Von den ca. 300 deutschen Filmproduktionen die im Jahr zur Verfügung stehen, ist es dem Farbfilm Verleih erneut gelungen einen einzigartigen und großartigen Vertreter für sich auszusuchen, um ihn dem deutsche Publikum zu präsentieren, das diesen auch dringend nötig hat. Dieser unvorhersehbare Streifen überrascht an vielen Stellen und lässt einen womöglich auch sich selbst wiedererkennen.