Self/Less – Der Fremde in mir ✍

Ab 20. August 2015 im Kino.

Denkt man an die Filme von Tarsem Singh muss man leider feststellen, dass der einst so unkonventionelle Regisseur im Laufe weniger Produktionen schon komplett vom Arthaus zum Mainstream auf- bzw. abgestiegen ist. Man denke nur an seine ersten beiden Filme. The Cell konnte zwar inhaltlich nicht komplett überzeugen, die Settings und die visuelle Komponente des Films, sprich Kostüme Maske etc. wahren jedoch so einzigartig und ungewöhnlich ausgefallen, dass viele schlichtweg überwältigt waren. Noch mehr war man es aber von The Fall, Singhs zweitem Film, welcher nicht nur komplett ein Rausch für die Sinne ist, sondern nun auch inhaltlich zu gefallen weiß. Man freute sich schon unbändig auf den nächsten Singh und wurde enttäuscht. Krieg der Götter warr visuell zwar immer noch schön anzusehen, ansonsten spürte man aber bereits den Abstieg ins Konventionelle. Und mit Singhs Spieglein, Spieglein… war der Einzug des kompletten Mainstreams in Sings Filmographie perfekt. Also dürfte es auch niemanden wundern, dass man auch im neusten Streich Self/Less nichts mehr findet, was einen Singh-Film eigentlich ausmacht. Unterhaltsam ist er dabei aber dennoch.

Mit Self/Less bekommt der Zuschauer einmal einen Body-Switch-Film zu Gesicht, der nicht im Komödienbereich angesiedelt ist, sondern sich durchaus ernst mit der Thematik beschäftigt. Es geht um den an Krebs erkrankten Milliardär Damian, dessen Tage gezählt sind. Da erfährt er von der einzigartigen Möglichkeit, seine Seele in den gesunden Körper eines jungen Mannes zu transportieren. In Zusammenarbeit mit den Erfindern dieser Möglichkeit täuscht er seinen Tot vor und der Körpertausch funktioniert. Doch schon bald merkt Damian, dass nicht alles am „neuen Leben“ so wundervoll ist. Z. Bsp. muss er aller paar Stunden eine Pille schlucken, von der er zunächst nicht weiß, was sie für eine Bedeutung hat. Als er diese jedoch einmal vergisst, wird er von Visionen geplagt, die das Leben des Mannes beinhalten, in dessen Körper er nun steckt. Er will mehr über das Leben dieses Mannes erfahren und kommt einem dunklen Geheimnis auf die Spur…

Machen wir uns nichts vor. Die Geschichte von Self/Less ist fraglos nicht unbedingt die Originellste. Filme über Körper- bzw. Seelentausch hat es schon ein paar Mal gegeben. Neben unzähligen Komödien auch schon im Action-Bereich, wie z. Bsp. im Travolta/Cage-Flick Face/Off. Auch wird der Idee an sich hier nicht wirklich vieles Neues hinzugefügt, so dass man sich alles in allem lieber nicht zu sehr daran machen sollte, die Handlung zu ergründen oder irgendwo einen tieferen Sinn zu entdecken. Man sollte sich lieber auf Unterhaltung einstellen und in dieser Hinsicht passt Self/Less dann doch ganz gut zusammen.

Wenn Damian als neuer junger Mann seine Umgebung erforscht und sich später auf die Suche nach dem wahren Ich seines Körpers macht, dann darf man sich hier und da schon auf ein paar ganz nette Actionszenen freuen und auch die Schnitzeljagd der Bösewichter nach ihm, sowie das puzzelhafte Aufdecken der ganzen Verschwörung, gefällt soweit. Man langweilt sich eigentlich kaum und für Abwechslung ist auch gesorgt. Zumal es auch nicht zimperlich zugeht, wenn die ein oder andere Schiesserei durch das Kino knallt und am Ende sogar ein Feuerwerfer als Mordwaffe herhalten muss. Die PG-13-Freigabe des Ganzen ist jedenfalls grenzwertig und sollte nicht unbedingt vom Kinobesuch abhalten.

Was eher enttäuscht, ist halt die Tatsache, dass Tarsem Singh in Self/Less nun wirklich nichts mehr von seinem eigenen Stempel als Regisseur hat einfließen lassen. Optische Schmankerl oder Extravaganzen, wie vor allem in seinen ersten beiden Filmen, sucht man hier vergebens. Mag sein, dass bei den Flashbacks der Hauptfigur hier und da noch einmal ein Fünkchen davon zu erahnen ist, und der pompöse Tempel in dem der alte Damian lebt, ist auch ganz nach Singhs Architektur, doch abgesehen davon gibt es leider wirklich nichts mehr zu entdecken, was Singhs einst so ungewöhnlich wirken lies. Sehr schade und für alle Fans von The Cell und The Fall definitiv eine Enttäuschung.

Davon abgesehen kann man aber mit Self/Less gut leben. Ben Kingsley und Ryan Reynolds, welche hier einmal den alten und einmal den jungen Damian darstellen, sind gut aufeinander abgestimmt und Matthew Goode als Fiesling gefällt ebenfalls. Somit sein Self/Less vor allem jenen empfohlen, die nach leichter, aber unterhaltsamer Kost suchen, nichts Ungewöhnliches erwarten und gut damit Leben können, dass es die Extravaganz namens Tarsem Singh so nicht mehr gibt. Für alles darüber hinaus reicht das Gezeigte nicht, aber wenigstens hat man am Schluss nicht unbedingt das Gefühl, seine Zeit verschwendet zu haben…