Ab 03.09.2015 auf DVD und Blu-ray im Handel erhältlich. (Tiberius Film)
Vor nicht allzu langer Zeit hat euch Tobe seine Liste mit den besten Horrorfilmen der letzten 15 Jahre vorgestellt. Viele Arten von Horror waren vertreten, doch ein „Slasher“ war nicht darunter. Was sicher auch kein Wunder ist, hat das Genre seine letzten Höhepunkte mit Scream oder Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast doch schon Mitte der 90er gehabt. Zwar kamen danach Unmengen ähnlich gelagerter Filme nach, doch wirkliche Qualitäten wiesen nur noch die Wenigsten auf. Mit Warte bis es Dunkel wird hat es im Jahre 2015 nun jedoch wirklich mal wieder ein Streifen dieser Gattung geschafft, vollends zu überzeugen.
The Town that dreaded Sundown erzählt die Geschichte einer Kleinstadt namens Texarkana, in welcher vor knapp 70 Jahren ein irrer Killer umging. Auf diesen Ereignissen basierend kam 1976 ein umstrittener Film in die Kinos, der die Geschichte der Geschehnisse nacherzählt. Trotz des provokanten Inhalts wird der Film nun jedes Jahr zu Halloween in Texarkana gezeigt und gefeiert. Doch in diesem Jahr bleibt es nicht nur bei den Morden auf der Leinwand, auch in der Realität scheint ein psychopathischer Killer sein Unwesen zu treiben und sein Handwerk exakt so durchzuführen, wie es im Film dargestellt wird. Die örtliche Polizei steht vor einem Rätsel, welches sie nun versucht, zusammen mit den Filmschaffenden, zu lösen…
Auf den ersten Blick ist Warte bis es Dunkel wird ein reinrassiger Slasher, wenn da nicht die vielen kleinen und großen Handlungskniffe wären, die den Streifen merklich aus dem Genre-Einerlei herausheben. Den erwähnten Film im Film gibt es nämlich wirklich. Unter dem gleichen Titel, The Town that dreaded Sundown, bzw. bei uns unter dem selten dämlichen Titel Der Umleger erschienen, war der Film 1976 sicher kein allzu einprägender oder gar brauchbarer Streifen gewesen, gilt dennoch als einer der Wegbereiter des Slasher-Kinos, bevor Carpenter dann mit Halloween den Slasher 1978 so endgültig zurecht formte, wie der Slasherfilm bis heute bekannt ist. Und diese Tatsache macht aus dem Film eine interessante Mischung.
Denn ob er nun ein „Remake“, ein „Reboot“ oder ein „Sequel“ ist, lässt sich nicht so richtig sagen. Man könnte meinen, er ist auf alle Fälle ein Remake, denn die Morde wurden teilweise 1:1 aus dem Original übernommen und der Look des Killers ist auch eine exakte Kopie von damals geworden. Von der Handlung her passt die Beschreibung aber so gar nicht, denn in gewisser Weise strickt sich die Handlung ja um den Originalfilm herum. Sprich eigentlich alle Charaktere schauen sich den besagten Filmen Szenenweise an, die Sheriffs versuchen z. Bsp. anhand des Films zu rekonstruieren, wie der Killer weiter vorgehen wird und somit ist „Remake“ irgendwo nicht korrekt. Dann wohl schon eher ein Sequel, denn die Handlung spielt ja 40 Jahren nach dem Originalfilm. Doch auch das passt eigentlich nicht so recht, denn die Story setzt ja nicht den 1976er-Film fort, sondern dreht sich, wie gesagt, um eben jenen. Und somit passt vielleicht am besten das Wort, welches in der ein oder anderen Kritik schon aufgetaucht ist: Meta-Sequel.
Aber egal ob es sich nun um die eine oder andere Art von Nachfolger handelt, das Wichtigste ist immer noch der Film an sich und wie er gemacht ist. Und hier wird der Genre-Fan vor Verzücken nur so mit der Zunge schnalzen. Denn Warte bis es Dunkel wird ist mit Sicherheit eine der tiefsten Genre-Verbeugungen der letzten 30 Jahre. Hier wird wirklich alles aufgefahren, was man in entsprechender Filmkost der 70er- und 80er-Jahre so geliebt hat. Das fängt schon mit den Studio-Logos an. Denn kein anderes Label als „Orion Pictures“ steckt hinter dieser Filmperle. Orion Pictures war in den 80ern eines DER Genre-Studios überhaupt und hat u.a. „Terminator“ auf die Beine gestellt. Eigentlich ist das Studio schon lange nicht mehr aktiv, doch für diesen Film hat man es anscheinend reanimiert und bei Erscheinen des originalen Logo zu Beginn des Streifens ist man als Kenner nur so entzückt, dieses noch einmal auf der großen Leinwand erlebt zu haben, anstatt wie jetzt und sonst nur noch auf der Couch im Heimkino.
Und danach geht es direkt weiter mit der Location. Die Kleinstadt Shreveport in Louisiana, welche für den Film als Dreh-Location genutzt wurde, scheint wirklich in den 70ern hängen geblieben zu sein und auch wenn moderne Technik schon genutzt wird, so ist der 70er-Charme der Stadt ohne Komprimierung im Zuschauerraum zu spüren. Dann das herrlich alte Autokino, die dunklen Wälder, ja einfach irgendwie alles ist genauso, wie man es seinerzeit geliebt hat. Vor allem auch der Score des Films ist prächtig, erinnert er doch über weite Strecken an John Carpenters genial minimalistischen Klänge, welche er zu fast allen seiner Filme geschrieben und komponiert hat. Dann die ständigen Einblendungen des Originalfilms, welche schön im Retrostil gehalten sind und sich merklich von den digitalen Restbildern abheben und man immer wieder den direkten Vergleich zwischen Alt und Neu bekommt, ohne dass es auch nur in einem Moment aufgesetzt wirkt. Ach, als Genreliebhaber kommt man hier einfach nicht aus dem Schwärmen heraus und man kann für so viel Liebe zum Detail einfach nur dankbar sein.
Doch auch als spannend- und atmosphärischer Horrorfilm an sich macht Warte, bis es Dunkel wird Spaß. Die Morde sind allesamt recht blutig gestaltet und die Frage, wer denn nun letztlich unter dem Kartoffelsack steckt, welcher wohl auch als Inspiration für Jasons „Maske“ im zweiten Freitag-Film gelten dürfte, ist stetig präsent. Auch hier wird übrigens der Zitatewut kein Ende gemacht, denn die Auflösung erinnert einen doch stark einen Film aus den 90er Jahren, wenngleich ich natürlich nicht spoilere, welcher es ist. Und wenn die Hauptfiguren dann sogar den Sohn des Regisseurs vom Originalfilm aufsuchen, welcher anscheinend total besessen vom Film ist und viele Originalposter seinerzeit an der Wand hat (auch wenn zumindest das dt. Poster eindeutig eine Fälschung ist), dann merkt man selbst als Laie, was für begeisterte Nerds hier doch am Werk gewesen sind.
Unterm Strich ist Warte bis es Dunkel wird jedenfalls eine der positivsten Filmüberraschungen des Jahres. Jeder Genrefan, der eigentlich nur einen schnöden 08/15-Slasher erwartet, wird mit einem breiten Grinsen das Lichtspielhaus verlassen und den gut 86 minütigen Trip in die Vergangenheit genießen, ohne auch nur allzu schnell wieder ins Hier und Jetzt zurück zu wollen, da man ja eigentlich doch die ganze Zeit nicht weg gewesen ist. Hier reicht eigentlich nicht nur eine Empfehlung aus, sich diesen Streifen unbedingt anzusehen, sondern es sollte eher eine dringende Aufforderung an alle Fans des 70er & 80er-Jahre Horrors her, dass man diesen Film auf keine Fall darf.