Ab 18.08.2015 auf DVD & Blu-ray im Handel erhältlich.
Manchmal gibt es Filme, bei denen man sich nur wundern kann, weshalb sie keinen Kinostart hierzulande bekommen. Dass die Gründe meist in der Qualität der Streifen zu suchen ist, ist fraglos richtig, doch hin und wieder kann dies definitiv nicht der Grund sein. Dann sind es wohl eher inhaltliche Belange, die den Verleiher, trotz des mitunter hohen Niveaus des ausgewählten Films, daran zweifeln lassen, ob sich ein Kinostart, aus finanzieller Sicht, lohnt. Und 71 – Hinter feindlichen Linien ist genau so ein Beispiel.
Auf der Berlinale 2014 entwickelte sich der Film zu einem Publikumsliebling und auch die Presse ist sich des Lobes einig. Doch es sollte nun bis August 2015 dauern, bis 71- Hinter feindlichen Linien auch hierzulande einem breiten Publikum zugänglich gemacht wird. Einem breiten Heimkinopublikum, denn einen Kinostart hat es nicht gegeben. Der Film dreht sich um den Nordirlandkonflikt, welcher bereits in Werken wie Hunger von Steve McQueen oder Im Namen des Vaters von Jim Sheridan thematisiert wurde. Hierzulande ist dieser Bürgerkrieg-Konflikt, der bis heute nicht komplett zur Ruhe gekommen ist, jedoch eher unbekannt, weshalb wohl genau deshalb sich Rechteinhaber Ascot gegen einen Kinostart entschieden hat. Der Film selbst hätte es verdient gehabt.
Die Story dreht sich um den jungen Soldat Gary Hook, der im Jahre 1971 ins nordische Belfast versetzt wird. Es dauert nicht lange und Gary sieht sich im Konflikt zwischen katholischen Republikanern und protestantischen Loyalisten wieder, deren Kämpfe immer brutaler und gewalttätiger werden. Er wird verwundet und wartet auf Hilfe, dabei wird ihm vor allem von den Katholiken geholfen, die nicht selten ihr Leben riskieren. Auf der anderen Seite sucht seine Einheit verzweifelt nach ihm. Und zu allem Überfluss ist auch noch eine Truppe von britischen Spezialagenten ihm auf der Spur, denn Hook hat in einem Pub beobachten können, wie einer der Briten einem der Loyalisten eine scharfe Bombe gab mit dem Ziel, die Unruhen noch weiter anzutreiben. Hooks Leben hängt am seidenen Faden…
Wie gesagt, aufgrund der hierzulande eher unbekannten Problematik im Norden Irlands, fällt es einem erst einmal schwer, sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen, denn das Cover und das Poster deuten doch eher auf einen typischen (Anti-)Kriegsfilm hin, als auf das Gezeigte, welches zwar nicht mit eindringlichen Bildern geizt und auch einiges an Baller- und Kriegsaction zu bieten hat, aber im Grunde sich viel mehr mit seiner Hauptfigur und seinem (auch inneren) Kampf beschäftigt, als großartig auf Action zu setzen. Zudem behandelt der Film relativ unvoreingenommen die Geschehnisse und bietet mit seiner Hauptfigur einen jungen unpolitischen Briten, der ohne Vorurteile in die Sache hineingerät und eigentlich auf keiner der beiden Seiten „zu Hause“ ist. All das macht den Streifen dann zwar für hiesige Zuschauer nicht ganz einfach, aber immerhin braucht man sich nicht allzu sehr davor fürchten, dass einem die Filmemacher hier eine von beiden Seiten aufdrängen, so dass man sich selbst ein Bild von der Lage machen kann.
In Sachen Inszenierung steht 71 – Hinter feindlichen Linien zudem den großen Vertretern in kaum etwas nach. Die Location können sich sehen lassen, sind klug gewählt und passen zum ganzen Drum und Dran. Hauptdarsteller Jack O’Connell gibt einen glaubwürdigen jungen Soldaten ab, der das Problem des „zwischen den Stühlen sitzen“ klug und mit Bedacht auf den Zuschauer herüberbringt. Im kann man nur wünschen, dass es mit der Filmkarriere klappt.
Alles in allem ist der Streifen somit sehr empfehlenswert ausgefallen und hätte, wie bereits erwähnt, einen Kinostart durchaus verdient. Dazu hat es nun zwar leider nicht gereicht, aber wer ein ordentliches Heimkino sein eigen nennt und sich für die Politik und die Konflikte der Welt interessiert, der kann sich 71 – Hinter feindlichen Linien durchaus ins Regal stellen.