Achtung! Spoiler Inside!!!
Die Genrenale ist immer wieder für Entdeckungen gut. Klar, präsentiert sie uns doch einen umfassenden Blick in den Genre-Film. Ob Horror, Action, Sci-Fi oder Fantasy, von allem ist etwas vertreten. Und wenn man sich durch die einzelnen Oberbegriffe der Filmeinordnungen wühlt, bekommt man noch mehr zu sehen. Bei Horror haben wir da z. Bsp. noch Slasher, Splatter, Suspense und den Kannibalenfilm. Letztere Kategorie ist dabei heutzutage sicherlich eher eine Seltenheit und bei deutschen Kurzfilmen hat man davon bisher eigentlich so gut wie gar nichts zu Gesicht bekommen. Doch das soll sich nun ändern.
Denn mit Au Pair schafft es endlich einmal ein Vertreter dieser Art durch deutsche Macher produziert zu werden, wenngleich man jetzt keinen reinrassigen Fressfilm erwarten sollte, sondern eher einen, der seine Geschichte spannend und subtil um den Kannibalen-Aspekt herumspinnt. Es geht um das französische Au Pair-Mädchen Joline, welches in Deutschland in einem chinesischen Restaurant namens „Blue Dragon“ arbeiten soll. Dort ist sie jedoch bereits vom ersten Tag an den Attacken und Gemeinheiten der Restaurantbesitzerin und Gastmutter Frau Zhou (Newcomerin Yvonne Yung Hee Bormann zu der es gleich noch etwas mehr gibt) ausgesetzt, welche anscheinend nicht viel übrig hat für Joline, ihr aber dennoch hilft, sich zurechtzufinden. Langsam ihrer Aufgabe gewachsen, dauert es jedoch nicht lange, bis Joline das dunkle Geheimnis des „Blue Dragon“ herausfindet. Das Klientel hat sich auf eine ganz besondere Art von Speisen spezialisiert und schon bald wird ein neues Au Pair-Mädchen notwendig…
Und worauf die Geschichte letztendlich hinausläuft, hat so mancher Genre-Spezialist schon in den ersten Minuten herausgefunden, doch der Weg dahin macht schließlich die Musik, und diese ist hier perfekt abgestimmt. Da wäre zunächst die Farbgebung des Films genannt, welche die Location von Anfang an in ein beängstigendes Licht rückt. Wie es sich für ein Restaurant namens „Blue Dragon“ gehört dominiert hier das Blau und zwar so geschickt versetzt mit der orangfarbenen Haut der Darsteller, sowie manch roten und goldenem Tupfer in der Ausstattung, dass es sich wie ein Fest für die Sinne anfühlt, wenn man der Handlung und somit seinen Figuren durch den Film folgt.
Diese Charaktere glänzen dann durch eine gute Zeichnung und vor allem durch ihre Darsteller. Allen voran Yvonne Yung Hee Bormann, welche als eiskalte Restaurantbesitzerin Frau Zhou, die für ihre Ziele und den Erfolg ihres Geschäfts wahrlich über Leichen geht, einfach ein jeden hier an die Wand spielt. Man möchte fast den Blick abwenden vor Schrecken, wenn sie ihr armes Au Pair-Mädchen sowohl psychisch als auch später physisch fertig macht. Und doch möchte man jeden einzelnen Zug ihres Schauspiels genießen, denn ein so kluge ausbalancierte Leistung hat schon lange nicht mehr gesehen. Hier haben wir es auf alle Fälle mit einer Newcomerin zu tun, welche es hoffentlich noch ganz weit bringen wird. Den „Killer Performance“-Preis der Genrenale hat sie auf jeden Fall schon geschafft.
Aber auch Pia Slomczy als Joline, sowie all die restlichen Darsteller sollen nicht unerwähnt bleiben.
Und letztendlich ist es doch auch dem ganzen Team hinter der Kamera zu verdanken, dass Au Pair so gut geworden ist. Auch wenn eingefleischte Horrorfreunde mit dem Film nicht unbedingt etwas übermäßig Neues vor die Linsen bekommen, so erhalten sie einen 25 Minuten langen Genre-Cocktail vor die Nase gesetzt, welchen sie mit jedem Schluck genießen können. Auch wenn ihnen am Schluss vielleicht die blutgetränkte Cocktailkirsche im Halse stecken bleibt, so können sie letztenendes doch behaupten, dass sie es mit einem Cocktail zu tun hatten, welcher durch und durch gemundet hat.
Hauptdarstellerin Yvonne Yung Hee Bormann hat uns zudem in einem
Kurzinterview Rede und Antwort gestanden
Wie bist du zum Film gekommen?
Schon als Kind wollte ich immer auf die Bühne. Entdeckt habe ich meine Spiel-Leidenschaft tatsächlich im Opern-Kinderchor am Stadttheater. Diese Theaterwelt hat mich völlig fasziniert und dementsprechend ging mein Weg weiter. Ich habe dann an der Theaterakademie in München Schauspiel, Gesang und Tanz studiert. Während des Studiums habe ich erste Dreherfahrungen beim Film „Der Fischer und seine Frau“ von Doris Dörrie gemacht und wollte in dem Bereich auch unbedingt weiter arbeiten. Glücklicherweise habe ich seitdem ja auch einige tolle Projekte drehen können!
Als du das Drehbuch gelesen und mitbekommen hast, dass es sich um einen Kannibalen Film handelt, wie hast du darauf reagiert?
Ich war schon ganz schön geschockt! Aber ich fand das Drehbuch toll und die Rolle natürlich total reizvoll und herausfordernd. Nachdem ich dann den Regisseur, Marc Schießer, auch persönlich kennengelernt habe und wir über das Buch und die Rolle der Frau Zhou geredet haben, hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte gut umgesetzt werden würde.
Wie war die Stimmung am Set?
Wir hatten ja nur ein minimales Gesamtbudget für den Film! Das war natürlich mit einigem Stress verbunden! Wir haben sechs Nächte gedreht, hatten ein ziemliches Arbeitspensum und so manches Mal gegen den Sonnenaufgang gekämpft. Das war teilweise echt hart, hat uns aber manchmal auch einen Kick an Energie gegeben, z.B. als wir die Kampfszene gedreht haben!
Ansonsten war die Stimmung gut und mit dem Team war es auch oftmals sehr lustig!
War die Rolle anspruchsvoll für Dich zu spielen?
Auf jeden Fall! Und zwar aus mehreren Gründen: Die unterschiedlichen Sprachen, neben Französisch war besonders das Chinesisch eine große Herausforderung, da ich diese Sprache eigentlich nicht spreche! Ich hatte zwar in anderen Rollen vorher auch mal 1-2 Sätze auf chinesisch gespielt (z.B. in KLIMAWECHSEL), aber nicht in diesem Umfang wie bei AU PAIR.Und dann war natürlich die Figur an sich sehr heftig: Diese Bösartigkeit und die Freude und Lust, mit der Fr. Zhou ihr Spielchen treibt, bis zum wortwörtlichen Ende! So einen Charakter hatte ich noch nie zuvor gespielt. Ich freue mich, dass ich diese Möglichkeit bekommen habe!
Wie war es für Dich den Film auf einem Festival auf der großen Leinwand zu sehen und wie ist das Gefühl dabei als beste Schauspielerin ausgezeichnet worden zu sein?
Auf großer Leinwand hatte ich den Film ja schon bei der Premiere damals gesehen. Aber auch dieses Mal war es wieder ein tolles Erlebnis! Ja, der Preis hat mich so überrascht und gefreut zu gleich. Ich bin sehr glücklich und dankbar für diese Ehrung!
Möchtest du in Zukunft auch weiterhin Schauspielern oder etwas anderes in Sachen Film machen?
Ich will auf jeden Fall weiter machen und wünsche mir noch viele interessante und herausfordernde Rollen in schönen Projekten!
Ist in Zukunft eine DVD- oder Blu-ray Veröffentlichung des Films geplant?
Es gibt den Film bereits auf DVD und auf iTunes im Rahmen der Shocking Shorts 2014:
Ganz ehrlich: Ich sehe mir sonst eigentlich nie Horrorfilme an, weil ich dafür zu schwache Nerven habe!